Machsches Prinzip
- Raum oder nicht Raum... -

© 1998 - 2022 Wolfgang Neundorf
Stand: 20.08.2022

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Ein weiterer Aspekt der Raumproblematik beinhaltet die Problematik des Bezugssystems für die mechanische Bewegung (Kinematik). In der klassischen Mechanik war noch vom “absoluten Raum” die Rede. Unabhängig davon gilt in der tradierten (auch “modernen”) Physik der Raum als eigenständige (wenngleich nicht unabhängige) Realität.

    Inhalt

  1. Vorbemerkungen
  2. Nur Beziehungen gelten
  3. Raum oder nicht Raum
  4. Ernst Mach

In der klassischen Mechanik kommt dem Raum (vgl. Der Pygmalion-Effekt) eigenständige “Materialität” zu. Dies ist bereits in den Newtonschen Axiomen verankert. Und die alltägliche Erfahrung scheint dies durchaus zu bestätigen. Die dynamische Wirksamkeit (Trägheit) des Raumes steht außer Zweifel.

 

 

Machsches Prinzip - Raum oder nicht Raum

 

..., das ist hier die Frage. Schon Generationen von Physikern und Philosophen war dieses Problem des Nachdenkens wert. Die Planetenbahnen (s.o.) sind „Bahnen im Raum“. Dieser Raum wurde greifbar mit Hilfe bestimmter mathematischer Modelle (Koordinatensysteme). Wichtig dabei ist, das bereits genannte Trägheitsprinzip nahm Bezug auf diesen Raum. Wenngleich an dieser Stelle möglichst keine Mathematik betrieben werden soll, so lässt sich dies nicht gänzlich vermeiden. Was eine Zahl ist, darüber brauchen wir uns nicht zu verständigen. Die Geschwindigkeit lässt sich als eine solche Zahl ausdrücken. Gemeint ist jener Wert, der von einem Pkw-Tacho direkt abzulesen ist. Eine physikalische Größe besteht außer aus einem Zahlenwert noch aus einer Maßeinheit. Der Tacho beispielsweise zeigt an: 100 km/h. Dies aber stellt nur einen speziellen Sonderfall dar. Denn die Geschwindigkeit auch ist eine gerichtete Größe. Es genügt nicht, mit Tempo 200 die Autobahn entlang zu rasen (so man kann und darf), um in einer bestimmten Zeit an ein bestimmtes Ziel zu gelangen. In die richtige Richtung muss es schon gehen. Solche gerichtete Größen heißen Vektoren. In der Physik sind der Ort, die Geschwindigkeit, die Beschleunigung und die Kraft solche vektorielle Größen. Von der Geschwindigkeit wissen wir, dass diese nicht „absolut“ ist, sondern nur in Beziehung auf einen Gegenstand - im allgemeinsten Fall sind damit mindestens drei „starre Punkte“ gemeint - eine sinnvolle Angabe bietet. Die Änderung der Geschwindigkeit - die Beschleunigung - hingegen erweist sich als absolut. Die „absolute Beschleunigung“ ist an den „absoluten Raum“ geknüpft. Die konkreten Objekte zur Festlegung des konkreten Koordinatensystems als Repräsentanten des konkreten Raumes spielen eigentümlicherweise jetzt keine Rolle mehr. (Bei unbefangener Betrachtung mutet diese Uneinheitlichkeit schon recht merkwürdig an.)

Konkret auf unser Raumschiff bezogen heißt dies, dass jede Änderung der Geschwindigkeit - des Betrages und/oder der Richtung - eine derartige Beschleunigung ist. Ein solcher Effekt ist mit dem Betreiben der Triebwerke zu erzielen. Jedes Manöver mit Hilfe der Triebwerke - das „Aufwenden einer Kraft“ - wird durch das Auftreten von Trägheitskräften im Raumschiff quittiert. Zeichnet sich der vorherige „kräftefreie Zustand“ als Bewegungszustand durch die Eigenschaft aus, überhaupt nicht ohne Beziehung zur Außenwelt nachweisbar zu sein, so bemerken die Insassen des Raumschiffes jede Änderung des Bewegungszustandes ohne sich auf äußere Objekte beziehen zu müssen. Dieser Umstand ist - so scheint es deutbar - auf die Absolutheit des Raumes zurückzuführen. Oder umgekehrt: der absolute Charakter der Beschleunigung legt die Absolutheit des Raumes nahe. Dies auch war der Stand der Dinge zu Newtons Zeiten und reflektierte gleichermaßen den Erkenntnisstand bis Ausgang des 19. Jahrhunderts. Zur Raumproblematik sei an dieser Stelle Einstein zitiert (A. Einstein, Über die spezielle und die allgemeine Relativitätstheorie, Berlin 1970, S 107 f.):

Albert Einstein

Albert EinsteinFür die Newtonsche Physik ist es charakteristisch, dass sie dem Raume und der Zeit neben der Materie unabhängige reale Existenz zuschreiben muss. Denn im Newtonschen Bewegungsgesetz tritt der Begriff der Beschleunigung auf. Beschleunigung kann aber in dieser Theorie nur bedeuten „Beschleunigung gegenüber dem Raume“. Der Newtonsche Raum muss also als „ruhend“, oder mindestens als „unbeschleunigt“ gedacht werden, dass man diese Beschleunigung, die im Bewegungsgesetz auftritt, als eine sinnvolle Größe betrachten kann... Es ist schon eine harte Zumutung, dass man dem Raum überhaupt physikalische Realität zuschreiben soll, insbesondere dem leeren Raume. Die Philosophen haben seit den ältesten Zeiten immer wieder gegen eine solche Zumutung sich gesträubt. Descartes argumentierte etwa so: Raum ist wesensgleich mit Ausdehnung. Ausdehnung aber ist an Körper gebunden. Also kein Raum ohne Körper, d . h. kein leerer Raum. Die Schwäche dieser Schlussweise liegt in erster Linie darin: Es ist zwar richtig, dass der Begriff der Ausdehnung seine Entstehung Erfahrungen verdankt, die wir an der Lagerung (Berührung) von festen Körpern gemacht haben. Daraus kann man aber nicht folgern, dass der Begriff der Ausdehnung nicht berechtigt sei in Fällen, die nicht zur Bildung dieses Begriffes Anlass gegeben hätten. Solche Erweiterung von Begriffen kann auch indirekt durch ihren Wert für das Begreifen von empirischen Befunden gerechtfertigt werden. Die Behauptung, Ausdehnung sei an Körper gebunden, ist daher zwar an sich unbegründet. Wir werden aber später sehen, dass die allgemeine Relativitätstheorie Descartes’ Auffassung auf einem Umweg bestätigt. Was Descartes zu seiner merkwürdig anmutenden Auffassung gebracht hat, war wohl das Gefühl, dass man einem nicht „direkt erfahrbaren“ Dinge wie dem Raume ohne dringende Notwendigkeit keine Realität zuschreiben dürfe. Der psychologische Ursprung des Raumbegriffes, bzw. dessen Notwendigkeit, ist gar nicht so offenbar, wie es auf Grund unserer Denkgewohnheiten erscheinen mag. Die alten Geometer handeln von gedanklichen Objekten (Gerade, Punkt, Fläche) aber nicht eigentlich vom Raum als solchem, wie es die analytische Geometrie später getan hat. Der Begriff Raum wird aber nahegelegt durch gewisse primitive Erfahrungen. Man habe eine Schachtel hergestellt. Man kann Objekte in gewisser Anordnung darin unterbringen, so dass die Schachtel voll wird. Die Möglichkeit einer solchen Anordnung ist eine Eigenschaft des körperlichen Objektes Schachtel, etwas, was mit der Schachtel gegeben ist, der von der Schachtel „umschlossene Raum“. Dies ist etwas, was für verschiedene Schachteln verschieden ist, etwas, was ganz natürlich als unabhängig davon gedacht wird, ob jeweilen überhaupt Objekte in der Schachtel sind oder nicht. Wenn keine Objekte in der Schachtel liegen, so erscheint ihr Raum „leer“. Bisher ist unser Raumbegriff an die Schachtel gebunden. Es erweist sich aber, dass die den Schachtelraum konstituierenden Lagerungsmöglichkeiten davon unabhängig sind, wie dick die Schachtelwände sind. Kann man also die Dicke nicht auf Null herabsinken lassen, ohne dass dabei der „Raum“ verlorengeht?

Der Raum und die verschwindenden „Schachtelwände“ - dies als ein Argument für die zunächst unabhängige und objektive Realität des Raumes. Diese Argumentation hat lediglich einen „ganz kleinen Schönheitsfehler“. Diese „Schachtelwände“ finden wir wieder im kosmischen Umfeld. Wollte man - als Fiktion - die Dicke dieser Wände Null werden lassen, so hieße dies, konkret auf unsere Umwelt bezogen, alle Massen des Weltraumes müssten verschwinden (und wir selbst mit ihnen). Nun zeigt aber die allgemeine Relativitätstheorie, dass mit dem „Verschwinden der Massen“ auch jener Raum nicht mehr vorhanden wäre:

Albert Einstein

Albert EinsteinDie Behauptung, Ausdehnung sei an Körper gebunden, ist daher zwar an sich unbegründet. Wir werden aber später sehen, dass die allgemeine Relativitätstheorie Descartes’ Auffassung auf einem Umweg bestätigt. Was Descartes zu seiner merkwürdig anmutenden Auffassung gebracht hat, war wohl das Gefühl, dass man einem nicht „direkt erfahrbaren“ Dinge wie dem Raume ohne dringende Notwendigkeit keine Realität zuschreiben dürfe.

    Einstein, Auszug aus dem gerade angeführten Zitat. - Und an anderer Stelle lesen wir (A.a.O., S. 125)

Man habe z.B. ein reines Gravitationsfeld ... beschrieben durch Lösung der Gravitationsgleichungen. Wenn man das Gravitationsfeld,... weggenommen denkt, so bleibt nicht etwa ein Raum ..., sondern überhaupt nichts übrig, auch kein „topologischer Raum“.

Also doch kein Raum ohne Materie. Die Allgemeine Relativitätstheorie bringt diese Aussage als deren Resultat oder nähert sich ihr dahingehend, dass die Eigenschaften des Raumes von den Massen abhängen. Wiederholen wir:

  1. Der Raum ist mathematisch als Koordinatensystem darstellbar (es gibt viele Möglichkeiten der Festlegung von Koordinatensystemen).
  2. Um ein Koordinatensystem aber festlegen zu können, bedarf es materieller Bezugspunkte („Massen“). Darum auch wird vom Raum (vgl. obiges Zitat) als von einem nicht „direkt erfahrbaren Ding“ gesprochen. Der Raum (sprich, Koordinatensystem) kann nur indirekt bestimmt werden - über jene materiellen Bezugskörper nämlich, welche wir im vorigen Kapitel besprachen.
  3. Die Allgemeine Relativitätstheorie nähert sich im Ergebnis der Aussage: „ohne Massen kein Raum“. Der Raum - die Geometrie dieses Raumes - wird unter den gegebenen Umständen (dazu später) eindeutig durch die Massen bestimmt. Die Gravitation ist Ausdruck der „Krümmung des Raumes“, welche durch die Massen festgelegt ist.

Jetzt soll dazu eine - vom Grundgedanken her - alternative Auffassung formuliert werden, die aber - betrachtet man die bisherigen Überlegungen im Zusammenhang -, eigentlich recht naheliegend scheint. In diesem Zusammenhang wurde schon mehrfach der Name Ernst Mach genannt. Auf weitere Seiten Mach schen Gedankengutes möchte ich nachfolgend eingehen.

Ernst Mach Vorbemerk. Beziehungen Raum Ernst Mach

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