Pygmalion-Effekt - Abbilder und Begriffe
Bilder - als Ab-Bilder realer Gegebenheiten - werden selbst zur eigenständigen Realität. Dinge gibt es im Film, die gibt es gar nicht. Im Märchen kommen sie vor, in der Sage und - in der Physik.
(Natürlich nicht nur dort. Dies ist eine Erscheinungsform der Ab-Wege des Denkens überhaupt.) Sollte dieser Behauptung der Geruch der Anstößigkeit anhaften, so dient sie doch als Überleitung zum jetzigen
Thema. Wird solch widersinnige Behauptung schon aufgestellt, so darf man sich um die Beweisführung nicht drücken. Beginnen wir mit jenem putzigen Strichmännchen, welches sicher viele Abenteuer erleben
konnte. Hier könnte Pinocchio Pate gestanden haben. Jener hölzerne Geselle jedoch wurde dank des Wunders einer guten Fee happy-endlich zum richtigen Jungen.
Um Bilder hierbei geht es. Seien sie nun „zweidimensional“ (Strichmännchen) oder „dreidimensional“ (Pinocchio oder Pygmalions Geliebte) oder gar etwas völlig Abstraktes. Bilder sind dies,
irgendwie einen Bezug zur Realität aufweisend, und sei es auf noch so abstrakte und vereinfachende Weise. Solche Bilder heißen „Abbilder“. Auf die Bedeutung dieses Begriffes innerhalb des
Theoriengebäudes der Physik soll es uns ankommen. Hier wird es ein wenig abstrakter, trotzdem bleibt es einigermaßen konkret. Konkret genug, um die Verbindung zu wahren zu den kleinen Geschichtchen am
Anfang des Kapitels, und die Verbindung herzustellen zu einigen Dingen, die uns in diesem Text bereits begegnet sind oder noch begegnen werden. Mit
Die Materialisation von Abstraktionen als Aspekt der Modellbildung im wissenschaftlichen Erkenntnisprozess
könnten die folgenden Überlegungen überschrieben werden. Oder auch mit „Der Pygmalion-Effekt“ würde man sie betiteln dürfen. Je nach Geschmack. Allzu philosophisch trocken soll das Thema nicht
abgehandelt werden. (Vielleicht gelingt es.) Im Grunde schieben wir eine wichtige Frage vor uns her. Um jenes Problem schlicht und einfach geht es: Entsprechen die Erkenntnisse der Physik, in ihrer uns
gegebenen Form, der Wahrheit oder nicht? Die bisher behandelten Fragen lassen Zweifel aufkommen. Dennoch bleibt einiges offen. Versuchen wir jetzt, die Überleitung zum philosophischen Vokabular
herzustellen, indem ich aus einem Wörterbuch der Philosophie zitiere (Diese und auch weitere Zitate, die sich mit philosophischen Begriffen befassen, entstammen, stellvertretend für andere mögliche
Quellen, dem „Wörterbuch der Philosophie“ von R. Hegenbart, 1984 München.):
Erfassen eine Objektes durch ein Subjekt. Seit den Anfängen der Philosophie wird die
Frage nach dem Wesen und den Methoden der E. diskutiert. Häufig gilt als E. die
Entstehung oder neuartige Verknüpfung von --> Ideen, wobei das Zustandekommen dieses neuen Bewusstseinszusammenhangs, unterschiedlich gefasst wird: Vom
Standpunkt des I. [Idealismus, W.N.] handelt es sich dabei um einen selbständigen,
eigengesetzlichen Vorgang; die E.se beruhen auf vorangegangenen E.sen, auf absoluten Ideen oder ereignen sich spontan. Die ihrem Wesen nach materialistische
Widerspieglungstheorie unterstellt dagegen eine äußere materielle Realität, deren
Strukturen in der E. zu Bewusstseinsinhalten und -zusammenhängen werden. Diese
Auffassung wird von der modernen Naturwissenschaft in der Regel ausdrücklich oder
stillschweigend zugrunde gelegt. Danach steht am Anfang der E. das Erleben der Umwelt, die sinnliche, praktische Erfahrung. Vielfältige Erfahrungen führen zur
Erkenntnis des Zusammenhanges in den sinnlich wahrgenommenen Einzelphänomenen,
die sinnliche E. wird durch Induktion zur rationalen E., zur Theorie. Die Theorie wird
nun wieder auf einen bestimmten Fall angewandt, der gedankliche Übergang vom Allgemeinen zum Besonderen vollzogen (Deduktion), der als konkreter Plan wiederum
in die Praxis mündet, wo der Kreislauf der E. von neuem beginnt. Steht hinter jeder
praktischen Betätigung ein letztlich auf Bedürfnissen beruhendes Interesse, so ist auch
die E. wesentlich Mittel zum Zweck der Befriedigung dieser Bedürfnisse. Jede gewonnene E. beantwortet eine Frage und wirft mindestens eine neue auf. E. wird
damit zum fortdauernden Prozess, zum historischen Phänomen, wirft als solches die
Frage auf, ob der Gegenstand der Erkenntnis, die Materie bzw. Natur, erschöpfbar ist,
irgendwann alles erkannt ist oder ob es sich hier um einen unendlichen Prozess handelt,
ob E. mit der Entstehung der Menschen beginnt oder ob sich bereits in der vormenschlichen Natur E.se in entsprechend anderer Form gebildet haben.
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Einerseits gibt es Erkenntnisse in der Physik, die nicht Gegenstand der Diskussion sind, deren Gültigkeit für alle Zeiten außer Zweifel steht.
Andererseits ist man der Tatsache sich bewusst, dass konkrete Theorien durchaus einen, sowohl ontologischen als auch historischen,
Geltungsbereich beanspruchen. Die klassische Mechanik beispielsweise steht jenseits jeglicher Kritik im Bereich der Geschwindigkeiten, welche,
verglichen mit der des Lichtes, als sehr niedrig einzustufen sind. Nach wie vor existieren die Kräfte als Ursache der Bewegungsänderung, deren materiellen Erscheinungsformen die Felder sind.
Wie also sind diese Erkenntnisse zu werten? Kommen wir auf die materialistische Abbildtheorie zu sprechen, so existiert erst einmal die Materie -
sonst nichts. Diese Materie befindet sich in ständiger Veränderung und Entwicklung. Produkt dieser Entwicklung unter anderem ist das Leben und
schließlich wir selbst sind es. Teil unserer Existenz ist die Fähigkeit, im Bewusstsein von genau jenem Bewusstsein unabhängige Bilder der Außenwelt
zu reproduzieren. Unsere Bewusstseinsinhalte sind subjektive Abbilder der real und objektiv existierenden materiellen Verhältnisse.
Genau diese Formulierung zeigt die Fragwürdigkeit dieser naiv-realistischen Sicht, welche zwischen dem Objekt und dem Subjekt eine eindeutige
und nicht überschreitbare Grenze errichtet und damit in praxi dualistisch handelt, obwohl gerade auf den Fahnen der Realisten (und die
Naturwissenschaftler sind wenigstens “implizite Realisten”) die monistische Auffassung in großen Lettern als Programm zu lesen ist.
Denn wenn wir dem, was wir „Bewusstsein“ nennen selbst objektive Ursachen zubilligen, die wir konkret im biologischen Evolutionsprozess
sowie in all den gesellschaftlichen Beziehungen vorfinden, so bedeutet dies, um wirklich objektiv urteilen zu können, dass Kenntnisse über das Subjekt und
deren Wechselbeziehungen zum Objekt erforderlich sind. Dann aber handeln wir uns fast unüberwindlich scheinende Schwierigkeiten ein, denn um die
Objekt-Subjekt-Relationen wirklich zu begreifen, müssten wir das Wissen, zu welchem wir doch erst gelangen wollen, als Voraussetzung
in unserem Besitz haben.
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Der Zirkel ist nicht zu übersehen. Einige Seiten dieses Widerspruches werde ich später noch näher beleuchten und auch aufzulösen versuchen.
Zu Erkenntnissen aber werden diese Bilder erst dann, entfernen sie sich von der äußeren Erscheinung und dringen zum Wesen der Dinge vor -
Schritt für Schritt - und beginnen damit sich, vom trügerischen Schein allmählich zu befreien. Wir spüren die Schwere und nehmen sie als sinnliche
Wahrnehmung auf. Ein erster Schritt, dem Wesen der Dinge näherzukommen war mit der Newtonschen Gravitationstheorie verbunden. Der nächste
Schritt galt der klassischen Feldtheorie, welche schließlich - so sieht es die Schulphysik - von der Einsteinschen Relativitätstheorie in die Schranken verwiesen wurde.
Doch könnte man durchaus zu dem Schluss gelangen, dass diese Kette der Schritte in Richtung Wesen der Dinge, möglicherweise von einer falschen
Ausgangsposition ausgehend, gar nicht zu dem gewünschten Ziel führen muss, dass somit die Erkenntnis nicht dem Wesen der real existierenden
Dinge sich nähert, sondern sich von der Realität immer mehr entfernen könnte. Das aber wird heftig bestritten. Und nicht nur von „professionellen
Materialisten“. Jeder Physiker ist überzeugt, reale Dinge vor sich zu haben). Zu Recht. Real und objektiv aber auch ist der historische
Erkenntnisprozess selbst. Bestandteile dieses Prozesses sind Lehre und Forschung. Auch hier gibt es bestimmte Gesetzmäßigkeiten, die man
berücksichtigen sollte Wir selbst sind gefangen in einem von uns nicht bewusst und willkürlich veränderbaren System. Glaubt der Physiker am
Beschleuniger, sich mit den Eigenschaften der Elementarteilchen zu befassen, und ausschließlich mit ihnen, so irrt er gewaltig. In Wahrheit ist der
Gegenstand seiner Forschung ein weitaus umfassenderer. Nur weiß er dies nicht. Oder er will es nicht wahrhaben. Oder es interessiert ihn nicht.
Oder es ist nicht seine Aufgabe, darüber nachzudenken. Oder...
Natürlich sind Messergebnisse und Beobachtungsdaten objektiv real und bilden bestimmte Seiten des objektiv reale Verhaltens der beobachteten
Objekte selbstverständlich ab. Aber diese Daten werden geordnet und ausgewertet und eingefügt in ein Bild, dessen Rahmen gestaltet wurde von all
den historisch und gesellschaftlich determinierten Faktoren, auf die ich nicht detailliert eingehen möchte. Und aus alledem entstehen neue Fragen, die
neue Versuchsanordnungen mit neuen Ergebnissen zutage fördern
Die Fragen
aber sind es, die den Erkenntnisprozess, bestimmen. Die Antworten schließlich werden fast zur „Formsache“ und eine Frage der Zeit und des Fleißes und des technischen sowie personellen Aufwandes.
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Dieses Thema wird uns noch sehr interessieren. Das Problem dabei ist, dieses in den gegebenen Rahmen eingefügte Bild täuscht einen gar nicht
vorhandenen Erkenntnisstand vor. Dieser Glaube wird genährt durch die Tatsache, dass die Ergebnisse der entstandenen Theorien, an der
Wirklichkeit gemessen, anscheinend deren Richtigkeit bestätigen. Hier kommt man zwangsläufig zu der berechtigten - von uns schon zum Teil
beantworteten - Frage, wie ein falsches Bild richtige Ergebnisse - allerdings nur im zugewiesenen Gültigkeitsbereich - liefern kann. (Hier hatte ich
bereits auf die notwendige Trennung von qualitativer Aussage und quantitativem Modell hingewiesen.)
Es reichten mitunter kleine Effekte aus, um eine Hypothese zur Theorie avancieren zu lassen. Besondere Bedeutung erlangten hierbei Voraussagen,
die, traten sie ein, als ein untrügliches Zeichen für die Richtigkeit der die Voraussage zugrunde liegenden Hypothese galten. Als ein Musterbeispiel
solcher Voraussage galt seinerzeit die Entdeckung des Planeten Neptun (vgl. “Gottes Urknall”). Aus den Bahnstörungen des Uranus wurde auf das
Vorhandensein einer weiteren Masse geschlossen. Diese hypothetische Masse berechnete man - auf Grundlage der klassischen Mechanik - und
auch den Ort, an dem sie zu finden sein musste. Bei der nun ganz zielgerichteten Suche fanden die Astronomen den Planeten auch dort, wo sie ihn vermuteten.
Ganz so einfach allerdings ging die Sache nicht auf, da mit den vorhandenen Daten „der Große Unbekannte“ nicht eindeutig identifizierbar sein
konnte. Als - angenommener - Parameter musste die mutmaßliche Entfernung des unbekannten Planeten in die Rechnung als bekannte Größe
eingegeben werden. Diese Hypothese stützte sich zunächst auf die sogenannte - nicht völlig korrekte - Titius-Bodesche Reihe. Trotz des Fehlers
fand der deutsche Astronom Johann Gottfried Galle (1812-1910) im Jahr 1846 den gesuchten Planeten. Ein gewaltiges Maß an Zufall war hierbei
also mit im Spiel. Als nächstes kam hinzu, dass damit noch nicht alle Probleme gelöst waren. Also setzte man die Suche fort, um nach einem
weiteren „Übeltäter“ zu fahnden, dem man die immer noch verbliebenen Bahnstörungen zuschreiben konnte. Als man tatsächlich 1930 den (bislang)
letzten Planeten des Sonnensystems - Pluto - entdeckte, gab es längst die Allgemeine Relativitätstheorie, welche angeblich auch die Vergeblichkeit
der Suche nach dem hypothetischen Planeten Vulkan begründete. Vulkan sollte - so eine einstmals diskutierte Hypothese - für die Bahnstörungen Merkurs verantwortlich gewesen sein.
Ein Himmelskörper sozusagen wurde - so die nicht totzukriegende Legende - am Schreibtisch entdeckt. Solches geschah im Jahre des Herrn 1846.
Eine außergewöhnliche Leistung. All das bestätigte angeblich die Richtigkeit und Leistungsfähigkeit der Newtonschen Mechanik auf beeindruckende
Weise ein weiteres Mal. Genau das war der Trugschluss. Bestätigt lediglich wurde, wenn überhaupt, die Leistungsfähigkeit eines theoretischen
Modells unter ganz bestimmten konkreten Voraussetzungen. Die objektiv-realen Verhältnisse wurden transformiert in ein Modell, welches „Newtonsche Mechanik“ heißt.
Wo also liegen wesentliche Fehlerquellen des gegebenen Erkenntnisprozesses? - Die „historische Determiniertheit“ wird in einem nächsten Text
abgehandelt. Ein zweiter Punkt verdient gleichermaßen Aufmerksamkeit. Diese Fehlerquelle hat ihre Wurzeln in der materialistischen Abbildtheorie,
präziser formuliert, in der Grundhaltung, die dazu führte. Dieser Materialismus (vgl. obiges Zitat aus dem Wörterbuch der Philosophie) ist bewusste
oder unbewusste Haltung des Naturwissenschaftlers. (Wem „Materialismus“ nicht behagt, ersetze ihn durch „Realismus“.)
Ich begründete dies bereits dahingehend, dass sich der Naturwissenschaftler mit Dingen beschäftigt, welche objektiv real existieren. Wo aber steckt
der Fehler? - Und jetzt kommen wir zum Ausgangspunkt dieses Kapitels zurück. Fangen wir an bei dem Strichmännchen. Dieses primitive Gebilde
wird auch von einem Vorschulkind als „Männchen“ identifiziert. Es als (recht vereinfachendes) Abbild eines Menschen zu akzeptieren, fällt schwer.
Doch enthält jene Zeichnung alles, was einen Menschen so ausmacht: Kopf und Rumpf, Arme und Beine, vielleicht Füße noch und Hände. Dieses
Bild reflektiert wesentliche Seiten eines Menschen - aus der Sicht eines Vierjährigen vielleicht.
Bilder abstrahieren. Nur wesentliche Elemente kommen zum Ausdruck. Was aber wesentlich ist, oder als wesentlich angesehen wird, das ist schwer
zu bewerten, da von vielen Faktoren abhängig und von der Betrachtungsweise des Betrachtenden. Das Strichmännchen ist reichlich betroffen von
dieser Abstraktion. Durchaus vollkommenere Bilder kann man sich vorstellen als eine Strichzeichnung. Wie vollkommen - nicht nur im
naturalistischen Sinne verstanden - ein Bild auch sein mag, es bleibt eine hochgradige Abstraktion. Allein die Zweidimensionalität ist Einschränkung genug.
Was aber geschieht mit einem solchen Bild, betrachten wir es? - Irgendwie wird es ergänzt, den Erfahrungen und Intentionen des Betrachters gemäß.
Dieses Bild wird in einen Rahmen eingefügt, den unsere Erfahrung bereitstellt. Zum Abbild wird ein
Bild im Kopf des Betrachters, da erst aus der notwendigen Beziehung des Betrachters zum Objekt eine Beziehung des Bildes zum Objekt hergestellt
werden kann.
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Diese Einengung des - gegenständlichen - Abbildbegriffes erweist sich aus erkenntnistheoretischer Sicht möglicherweise als vorteilhaft. Doch
möchte ich dieses Thema an dieser Stelle nicht weiter vertiefend behandeln. Hierbei käme man u. a. zum Themenkreis der Semiotik, der Theorie
der Zeichen und deren Beziehungen untereinander, sowie deren Beziehungen zum Objekt und zum Subjekt. Auf andere Aspekte dieser Angelegenheit kommen ich später noch zurück.
Aber auch das vollkommenste Bild wird immer das bleiben was es ist: ein Bild eben. Es wird Seiten der Realität abbilden, aber keineswegs zur
Realität werden können. Ein Strichmännchen zum Leben erwecken kann im Film durchaus recht reizvoll sein. Kein Mensch jedoch käme auf die
Idee, dies wirklich für möglich zu halten. Zu absurd wäre das. Diese Absurdität eben macht den Reiz aus, eine Absurdität, die auch ein Kind
durchaus als solche schon begreift. Nimmt man die dritte Dimension hinzu, so ändert sich grundsätzlich nichts. Ein „echter Pygmalion“ könnte warten,
„bis er schwarz wird“. Ein Wunder wie es dem sagenhaften König von Zypern widerfuhr, ist mit Sicherheit auszuschließen.
In der Physik jedoch sind dergleichen Wunder das normalste und gewöhnlichste und natürlichste und selbstverständlichste von der Welt. Gemeint
sind solche Wunder, die ich - etwas seriöser formuliert - als „Materialisation von Abstraktionen“ bezeichnen möchte. Zu den Abstraktionen, die uns
jetzt beschäftigen werden, gehören die Begriffskonstruktionen der Physik. Begriffe sind - dies ist die materialistische (oder realistische) Position, und
damit die (implizite, verinnerlichte) Haltung des Physikers - abstrakte Abbilder realer Objekte, Systeme und Prozesse. Dies stimmt auch, aber nicht
in der Weise, wie vielfach vereinfachend angenommen. Natürlich entstehen begriffliche Abbilder in der Wechselbeziehung des Subjektes mit den
Informationen über die sinnlichen Eindrücke, welche über jene „fünf Datenkanäle“ (oder gibt es nicht doch noch andere?) zum Gehirn gelangen.
Aber zwei Dinge gehören dazu: das Objekt und der „Spiegel“ mit dessen Abbildmöglichkeiten.
Sind hierbei alltäglich reale Objekte das Abgebildete, so erwartet man zu Recht keine Schwierigkeiten. Was ein Stuhl ist, eine Katze oder ein Apfel,
darüber herrscht wohl Einigkeit. Wesentliche Eigenschaften der genannten Objekte erfahren in einem Abstraktionsprozess eine Klassifikation. Das
Ergebnis dieser Abstraktion ist ein Begriff, der seine „materielle Erscheinungsform“ in Gestalt des Wortes findet (oder Symbols oder Zeichens). Dies
alles lernt ein Kind interaktiv beim Erlernen der Sprache. Dieser Lernvorgang wiederum ist ein Teil des individuellen Erkenntnisprozesses. Mit
konkreten Begriffen, wie gesagt, hat man kaum Probleme. Jedem Objekt oder jeder Klasse von Objekten wird ein Begriff zugeordnet und dabei
nach und nach ein hierarchisch strukturiertes Begriffssystem geschaffen.
Hier können wir anscheinend von einer linearen Abbildung sprechen, dahingehend verstanden, dass an den Begriff als Abbild natürlich umgekehrt
Objekte oder eben Klassen von Objekten (oder Beziehungen oder Eigenschaften) zugeordnet werden können. Dies genau macht einen Teil des
Wesens materialistischer Erkenntnisauffassung aus. Natürlich gibt es nicht „den Stuhl an sich“, aber Objekte, die Eigenschaften aufzuweisen haben,
welche man von einer solchen Sitzgelegenheit gemeinhin erwartet. Damit sind an den Begriff des Stuhles real mögliche - und konkrete! - Objekte
geknüpft. Diese Art der Begriffsbildung ist an direkte, von jedem nachvollziehbare und in praxi nachvollzogene Erfahrung gekoppelt.
Ist der Gegenstand bzw. der Gegenstandsbereich eines Begriffes jedoch kein „direkt erfahrbares“ Objekt, sondern selbst etwas Abstrakteres,
Umfangreicheres oder Komplexeres, so dürfen wir es uns so einfach nicht mehr machen. Auch dann nicht, handelt es sich bei diesem „Objekt“ um die Zeit.
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