Wissenschaft und Kritik - Astronomie
05.09.2000
Über die Entstehung der Welt gibt es eine ganze Reihe von Geschichten. Was soll man davon halten, wenn sich seit Jahrzehnten auch die Wissenschaft dieses
Themas annimmt?
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.
Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag. Und Gott sprach: Es werde
eine Feste zwischen den Wassern, die da scheide zwischen den Wassern. Da machte Gott die Feste und schied das Wasser unter der Feste von dem Wasser über der Feste. Und es geschah so. Und Gott nannte die
Feste Himmel. Da ward aus Abend und Morgen der zweite Tag. [Erstes Buch Mose, Kap. 1, Vers 1-8]
Als naiver Beobachter und absoluter Laie auf diesem Gebiet drängt sich natürlich die Frage auf, wo denn Gott sich aufhielt, bevor
er Himmel und Erde schuf. Natürlich möchte ich den gläubigen Menschen nicht zu nahe treten, aber ich gehe davon aus, dass man die zitierten Sätze aus dem Alten Testament nicht gar zu wörtlich nehmen sollte. Und Fragen der von mir genannten Art sind ohnehin sinnlos, da sie göttliches Sein und göttliches Handeln mit menschlichen Maßstäben messen. Das dürfte unzulässig sein.
Nehmen wir den "Big Bang", als die mehr wissenschaftliche Version einer Schöpfungsgeschichte. Einige Indizien legten die Vermutung nahe, dass sämtliche Materie - nach neuesten
Berechnungen vor 13 Milliarden Jahren etwa - auf ziemlich engem Raum konzentriert gewesen sein musste. Und mit dem "ganz großen Knall" wurde eine Entwicklung in Gang gesetzt, deren Ergebnis wir
heutzutage bewundern können - uns eingeschlossen.
Als naiver Beobachter und absoluter Laie auf diesem Gebiet drängt sich natürlich die Frage auf, was vor
dem Urknall gewesen ist, so erhält man als Antwort, dass eine solche Frage völlig sinnlos sei und somit auch nicht beantwortet werden könne.
Wie auch immer, jedenfalls ist man der Meinung, dass es zulässig ist, aus den uns bekannten Informationen über den jetzigen Zustand des Universums Rückschlüsse zu ziehen auf den Zustand von
vor 13 bis15 Milliarden Jahren.
Eine solche Vorgehensweise setzt folgendes voraus:
- Es existieren "hinreichend genaue" theoretische Modelle, für die Welt als Ganzes. Mögliche unbedeutende Korrekturen an diesen Modellen beeinflussen die daraus zu gewinnenden Aussagen nur
graduell, nicht grundsätzlich. Auch die relevanten physikalischen Gesetzmäßigkeiten lassen keine grundlegenden Fragen unbeantwortet.
- Alle maßgeblichen (alle!) Systemparameter (des Universums wohlgemerkt) sind mit "hinreichender Genauigkeit" bekannt und eindeutig auf Basis bekannter - und erwiesener! - Naturgesetze
interpretierbar. Mögliche unbedeutende Korrekturen an diesen Werten beeinflussen die unter 1. genannten Dinge nicht prinzipiell.
- Das Universum verhält sich in seiner Gesamtheit streng deterministisch. Chaotische Prozesse (im Detail) sind für die generelle Entwicklung (im Ganzen) unbedeutend.
Ich kann mir nicht helfen, aber einige Zweifel sollten durchaus erlaubt sein.
Weiße Zwerge
01.04.2001
Das Problem der dunklen Materie beschäftigt seit über sieben Jahrzehnte die Astronomen und Physiker. Nach neueren Erkenntnissen
spielen weiße Zwerge eine wichtige Rolle.
Unter der der Überschrift Rätsel der Astronomie steht vor der Aufklärung finden wir bei
rp-online eine auf den 28.03.2001 datierte Meldung. Hier ein Auszug:
Berkeley (pte). Ein britisch-amerikanisches Forscherteam ist der Lösung eines Jahrzehnte alten astronomischen Rätsels einen Schritt näher
gekommen. Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift "Science" berichten, fanden sie in einem dunklen, vermeintlich leeren Abschnitt
des südlichen Himmels 38 bisher unerkannte ausgekühlte Sternleichen, so genannte Weiße Zwerge. Damit befindet sich rund um unsere
Galaxie, der Milchstraße, deutlich mehr der mysteriösen Dunklen Materie als bisher nachgewiesen werden konnte.
Eine etwas ausführlichere Darstellung können wir bei astronews.com
nachlesen. Auch hier eine Textpassage:
Das Dunkelmaterieproblem beschäftigt die Astronomen schon seit 1933, als der Fritz Zwicky feststellte, dass die in einem Galaxienhaufen
enthaltene Masse nicht ausreicht, um die Bewegung des Haufens zu erklären. Ähnliches gilt auch für einzelne Galaxien wie unsere
Milchstraße. Astronomen nehmen heute an, dass rund 95 Prozent der Materie nicht sichtbar ist, es sich dabei also um Dunkelmaterie
handelt. Nun stellt sich die Frage, um was es sich bei dieser Dunkelmaterie handeln könnte. Im Prinzip unterscheiden die Astronomen da
zwei Hauptgruppen: Eine Gruppe aus exotischen Teilchen, die aus dem Zoo der Teilchenphysiker stammen und WIMPs (für weakly
interacting massive particles, schwach wechselwirkende massive Teilchen) genannt werden. Die andere Gruppe, die für bis zu 35 Prozent
der dunklen Materie verantwortlich sein könnte, besteht aus sogenannter baryonischer Dunkelmaterie, also aus normaler Materie aus der
Sterne gemacht sind. Es sind also keine exotischen Teilchen, sondern lediglich Sterne oder ähnliche Objekte, die zu leuchtschwach sind, um sie zu beobachten.
Gemessen an den gewaltigen technischen Fortschritten in der beobachtenden Astronomie scheinen die Ergebnisse bezüglich der Aufklärung der
dunklen Materie recht mager zu sein. Auch die Physik konnte bislang nur bescheidene Hilfestellung geben, obwohl auch hier weder Kosten noch Mühen gescheut wurden (vgl. Wer soll das bezahlen...).
Doch der Reihe nach. Zu den kosmischen Objekten gehörten unter anderem auch die so genannten Nebel. Erst der amerikanische Astronom Edwin Powell Hubble
(1889-1953) konnte1924 wirklich nachweisen, dass es sich bei vielen dieser "Nebel" um extragalaktische Objekte handelte, die, ähnlich wie unser Milchstraßensystem, ebenfalls aus
Milliarden von Sternen bestehen. (Bild rechts die Andromeda-Galaxie M31)
Somit wurden diese Galaxien zum wichtigen Bestandteil der astronomischen Forschung.Wie auch immer, man stellte schon vor Jahrzehnten fest, dass das Bewegungsverhalten
der Sternsysteme mit den tatsächlich direkt beobachtbaren Massen nicht vereinbar war. Insbesondere das Rotationsverhalten der Spiralgalaxien - unser System inklusive - gibt Rätsel auf.
Normalerweise müsste man erwarten, dass mit zunehmendem Abstand der Sterne vom Zentrum der Galaxie deren Rotationsgeschwindigkeit - vergleichbar mit den
Planetenbewegungen (Keplersche Gesetze) - abnehmen müsste. Dies ist im Rahmen der bestehenden Theorien nur zu erklären, wenn es neben den direkt beobachtbaren Massen noch
weitere Materie geben muss, die wesentlich die Dynamik der Galaxien determiniert.
Jetzt tauchen drei Probleme auf. Hier die beiden ersten:
- Die mysteriöse Dunkelmaterie macht 90 bis 95% der Gesamtmasse der Systeme aus.
- Diese Materie müsste unabhängig von den Phänomenen nachgewiesen werden können, zu deren Zweck sie eingeführt wurde.
Wie oben angemerkt, war man in den letzten 70 Jahren nicht besonders erfolgreich im Hinblick auf die zweite Schwierigkeit. Dies soll sich ja mit der
Entdeckung der "Weißen Zwerge" grundlegend ändern. Letztere allerdings sind noch keine wirklichen Sternleichen, sondern erst die Vorstufen dazu.
Aufgrund ihrer geringen Leuchtkraft sind sie zwar schwerer zu beobachten, aber immerhin - noch - nicht wirklich dunkel und damit grundsätzlich
beobachtbar. Und sie haben den Vorteil, aus normaler Materie aufgebaut zu sein.
Stellen wir folgende Schätzung an: Setzen wir die normalen Sterne mit einem Masseanteil von 10 und den der Weißen Zwerge mit (optimistisch
geschätzt) 30 Prozent an, so verbleibt immerhin noch ein Rest von 60 Prozent, der in keinem elektromagnetischen Spektralbereich direkt beobachtbar ist.
Nehmen wir einmal an, dies entspräche der Realität, so müssten wir eine weitere - und dies ist die ausschlaggebende! - Ungereimtheit akzeptieren:
Die Dunkelmaterie muss eine zur Sternmaterie komplementäre Dichteverteilung aufweisen. Oder: Das Verhältnis von Masse zu Leuchtkraft bleibt
nicht konstant (wie zu erwarten wäre), sondern wird zum Rand hin immer größer. Bezogen auf die Sternleichen würde somit der Schluss nahegelegt
werden, dass "sterbende Sterne" (Weiße Zwerge) die galaktischen Randgebiete (man spricht hier von einem dunklen Halo) bevorzugten. (Eine Erklärung dafür wäre sehr interessant.)
Fassen wir zusammen:
- Der Anteil der sichtbaren Sternmaterie beträgt lediglich 5 bis 10% der Gesamtmasse.
- Der Masseanteil der Weißen Zwerge - auch noch Sternmaterie im traditionellen Sinn - beträgt maximal 35% der Galaxien-Masse.
- Der Anteil WIMPs füllt den Rest zu 100% auf.
- Die Masse (der Weißen Zwerge plus WIMP) nimmt mit dem Abstand vom Galaxien-Zentrum zu.
- Der größte Teil der Galaxienmasse verbirgt sich im dunklen Halo.
Und noch etwas: Die "Kopflastigkeit" der Galaxien steht im krassen Widerspruch zu sonstigen Erfahrungen mit anderen stabilen Systemen (vgl. Chaos ,
in diesem Artikel habe ich noch nicht erwähnt, dass der Hauptteil der Massen der Galaxien sich im Halo befindet.). Alle stabilen Systeme (z
.B. Atom, Sonnensystem, Ringsystem Saturns) zeichnen sich dadurch aus, dass eine große Zentralmasse (Atomkern, Sonne, Saturn) u.a.
bestimmend ist für deren Stabilität (notwendiges Stabilitätskriterium). Betrachtet man das optische Abbild einer Galaxie, so käme man intuitiv zu der
Schlussfolgerung, dass wir es hier mit einem ähnlichen Fall zu tun haben. Die Interpretation der Beobachtungsdaten hingegen, die Dynamik der
Galaxien betreffend, stellt diesen ersten Eindruck allerdings auf den Kopf.
Rätsel der Astronomie steht vor der Aufklärung, dürfte also eine sehr optimistische Einschätzung sein, die mit Sicherheit den realen Zusammenhängen nicht gerecht wird.
Meine provokante Frage: Welche tatsächlichen grundlegenden Fortschritte konnten in den letzten 50 bis 70 Jahren gemacht werden? Die
Dunkelmaterie war - wirklich nur andeutungsweise - Gegenstand dieses Beitrages. Aspekte der Hirnforschung und Neurophysiologie sind in
den Beiträgen Die unterschätzten Vögel und
Frühjahrstagung 2001 der DPG angeschnitten worden. Ein Thema der Teilchenphysik wurde im Artikel Das Standardmodell abgehandelt. Nimmt man außerdem die Probleme ernst, die mit der
Handhabung des Massebegriffes (vgl. Die Masse) einhergehen - und die Dunkelmaterie stützt sich auf diese physikalische Größe
-, so nimmt die Anzahl der Fragen eher zu, denn ab.
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